Der Einfluss des Gestaltungswerkzeuges auf einen kreativen Prozess

Oftmals, wenn vom analogen beziehungsweise digitalen Arbeiten gesprochen wird, geht es eigentlich um analoge oder digitale Werkzeuge, die im Gestaltungsprozess eingesetzt werden – Gestaltungswerkzeuge. Die Funktionsweise und die Möglichkeiten, die diese Werkzeuge bieten, prägen die Arbeit. Wie groß dieser Einfluss von Gestaltungswerkzeugen ist, ob ihnen manchmal zu viele Entscheidungen überlassen werden und was sich ändert, wenn sich das Werkzeug ändert, sind Fragen, die diesem Projekt zugrunde liegen.
Dafür wurde exemplarisch die Photographie zur Untersuchung herangezogen. Der Photoapparat wird dabei als Gestaltungswerkzeug betrachtet. Können aus der Betrachtung des Photoportfolios einer Person (die mit unterschiedlichen Kameras photographiert) Rückschlüsse auf die Apparate (selbst) gezogen werden? Aus dieser sehr sachlichen Fragestellung entwickelte sich bald eine Arbeit, die auf einer sehr viel subjektiveren Ebene bemüht ist, Antworten zu generieren. Sie versucht zu fassen, was über die objektiven Unterschiede der Werkzeuge hinausgeht.
Eingeleitet durch die Katalogisierung der eigenen Kameras (und die daraus resultierende Überraschung über Menge und Vielfalt), entstand eine Reflexion der Beziehung zu diesen – meinen persönlichen – Apparaten und ihren Photographien. Es folgte eine Reise durch den Bilderkatalog, der sich seit einigen Jahren in meinen Schubladen und auf Festplatten ansammelt.
Die meisten dieser Photographien entstanden neben dem eigentlichen Zweck meines Tuns: der photographischen Handlung an sich. Sie sind um des photographierens Willen entstanden. Anstelle des Wunsches, eine Photographie zu gestalten, stand der Wunsch, den Apparat zu gebrauchen. So sind sie allesamt, in bedeutendem Maße, auch eine Bildwerdung durch die Apparatur selbst. Um diesen Dialog mit mir – mit meinen Bildern und Photographien – greifbar zu machen, teilen und reflektieren zu können, begann ich diese Gedanken festzuhalten. Es entstanden Texte, die später selbst zum Gegenstand der Untersuchung werden sollten. Keinen hätte ich auf die Weise aussprechen können, wie ich sie niedergeschrieben habe. Der aktuelle Stand der Arbeit besteht nun aus diesen drei Ebenen:
Die eigene Sammlung von Photoapparaten,
Photographien, die aus ihr entstanden sind,
von beidem inspirierte Texte.
Alle, ebenso subjektiv wie intim, zeigen einen (möglichen) Blick auf die Welt – zwischen Alltag und Abenteuer. Während sie versuchen Fragen zu beantworten, stellen sie neue. Betrachtetes wird hinterfragt – der Betrachter wird angeregt zu hinterfragen.
Im Zuge dessen entstand eine Zeitung mit der Übersicht meiner Kameras, alle zu diesem Zeitpunkt entstandenen Texte und eine Auswahl der behandelten Photographien. Sie fasst die drei Ebenen der Arbeit in einem Medium zusammen, um sie für Außenstehende greifbar zu machen. Es wird eingeladen in eigener Geschwindigkeit hindurchzuwandern – chronologisch –, das Format erlaubt jedoch auch eine Auffächerung der Inhalte.
Eine digitale Anwendung ergänzt die Arbeit um den vollständigen Katalog (von Apparaten und Photographien). Mithilfe von Sortierfunktionen wird dem Betrachter die Möglichkeit angeboten, eigene Beobachtungen anzustellen.

Ausstellungssituation; Bergwerk, 2020.1

Polaroid PDC 3030; Scan

Onlinekatalog; Bildschirmaufnahme

Zeitung; Detail 1

Zeitung; Detail 2

Bild Eine subjektiv bedeutende Fläche, auf der die Bildelemente in einem Verhältnis zueinander stehen.

Photographie Ein vom Apparaten technisch erzeugtes, objektiv sichtbares Bild.
Diese Definitionen erheben keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit, werden aber hier (frei nach Flusser) wie angegeben gebraucht. | vgl. Flusser 2011: 75