Drei Klumpen Information

Was macht das Wesen einer Vase aus?
Kann eine Vase rein durch ihre Form zur Vase werden?
Oder macht erst die Art ihrer Verwendung die Vase zu dem, was sie ist?
Kann es eine Vase mit Ausguss geben?
Ist eine Vase mit Ausguss automatisch eine Kanne?
Ist eine Kanne ohne Henkel eine Kanne?
Ist jede Kanne ein Krug?
Und jeder Krug eine Kanne?
Ist eine Kanne mit zwei oder mehr Ausgüssen immer noch eine Kanne?
Wo liegt die Grenze zwischen Teller und einem Gefäß?
Und zwischen Teller und Platte?
Muss ein Gefäß einen Deckel haben?
Ist eine Bong eine Vase?
Welchen Einfluss hat die Intention de:r Designer:in auf den (Gebrauchs-)Gegenstand?
„Eine Vase ist geformt, um etwas Stilartiges zu halten ohne dabei zwingend eine größere Menge Flüssigkeit zu fassen.“ Ich überlege. „Also kann es keine schmalen Kannen geben?“ „Doch. Ist aber halt Unsinn“, lacht F.

Objekt 1

Um hervorzuheben, dass sich die gesamte Arbeit an alle kreativ Schaffende wendet, ist die eigene Disziplin (des Kommunikationsdesign) für diese Teilarbeit verlassen worden. Gefäße aus Ton stehen dabei stellvertretend für alle Designprodukte. Ihr Bezug zum alltäglichen Leben vereinfacht eine disziplinübergreifende Betrachtung. Damit wird eine Zugänglichkeit erreicht, die die anderen Projekte – wie beispielsweise ein Schriftentwurf, der zu großen Teilen nur fachintern beurteilt werden kann – bisher nicht gewährleisten konnten.

Objekt 2

Vergleichbar mit einem Versuchsaufbau, wurde ein Programm geschrieben, das mithilfe einer Reihe von Parametern die äußere Form eines Tongefäß beschreibt. Es wird eine Vorgabe gewisser Merkmale gemacht und damit der Rahmen gesetzt, in dem im weiteren Verlauf kreativ gearbeitet werden kann. Der Entwurf wird weder per Hand entworfen, noch direkt am Computer gezeichnet. Die Möglichkeiten und Spielräume wurden vorab festgelegt, das Programm erzeugt unter diesen vorgegebenen Regeln lediglich eine Variation an zufälligen Kombinationen. Dabei erbringt der Rechner keine gestalterische Leistung – er greift zu keinem Zeitpunkt direkt in den gestalterischen Prozess ein. Es wird sich lediglich an einer der großen Potentiale des Rechners bedient: Des schnellen Herausarbeitens von Konsequenzen möglicher Entscheidungen. Im Anschluss kann anhand der vielseitigen Vorschläge die attraktivste, praktikabelste oder interessanteste Lösung umgesetzt werden. Im Falle keiner sinnvollen Auswahl ermöglicht ein solches Vorgehen außerdem das Potential Parameter nach Bedarf anzupassen und abzuwandeln. Der Versuchsaufbau ist als Werkzeug Teil des Gestaltungsprozess und kann nach Bedarf mitgestaltet werden.

Objekt 3

Im händischen Prozess der Übersetzung von reinen Daten in ein physisches Artefakt gibt es Raum für Ideen und Interpretationen. Das unterscheidet dieses Vorgehen auch deutlich von einer künstlichen Intelligenz, die beispielsweise mit unvorstellbar vielen möglichen Formen eines Gefäßes gefüttert wurde und aus diesen Informationen ein neues Objekt generiert; in einem solchen Kreislauf kann immer nur entstehen, was vorher in irgendeiner Form bereits bestanden hat. Das Programm hinter Drei Klumpen Information ist dagegen auf eine überschaubare Menge von Parametern, if-when-Abfolgen und einigen Wahrscheinlichkeiten beschränkt. Diese sind ebenfalls so vorgeben worden und rein aus ihnen kann nichts Neues entstehen; der entscheidende Unterschied besteht darin, dass sie eben nicht den gesamten Gestaltungsprozess abbilden – das Programm ist lediglich eine Methode, an die im Weiteren die praktische, kreative Arbeit einer Person anschließt. Erst nach diesem Schritt entsteht ein Artefakt, das das Potential besitzt, etwas Neues zu sein – dessen Funktion durch seine Form bestimmt wird und bei dessen Entwurf beinahe unbegrenzte Möglichkeiten mitgespielt haben. Das Programm mit seinen Vorgaben hat alle Vorurteile und Ansprüche daran, wie ein Gefäß auszusehen hat, überschrieben und den Entwurfsprozess von seinen Paradigmen befreit.

Tod de:r Designer:in?

 Etwa: Das Gefäß wird aus 400 g Ton geformt. Es ist flach und rund. Es steht auf drei Beinen. Es lässt sich an zwei Henkeln greifen. (Objekt 1)

vgl. MIDDENDORP 2000